Doktorarbeit von Prof. Dr. Julia Naskrent

300 6 Spenderbindung aus Sicht von Nonprofit-Organisationen spricht jedoch häufig nicht der Realität und insbesondere nicht ihrer Selbstwahr- nehmung. 1798 Diese Inszenierung von Elend widerspricht der Würde der Men- schen. 1799 Viele Betroffene fühlen sich durch solche Kommunikationsinhalte gegriffen und auf Stereotype reduziert. 1800 Mitleid erregende Botschaften ver- ken somit vorherrschende Vorurteile. 1801 Im Endeffekt schaden solche Kom- Kommunikationsinhalte langfristig den Betroffenen eher. 1802 Auch aus Sicht der Spender stoßen Mitleid erregende Botschaften schnell an ihre Grenzen. Die auf Klischees beruhende „Mitleids-Masche“ schreckt viele Spender ab und ruft Reaktanz hervor. 1803 Andererseits kann auch ein Gewöhnungseffekt entstehen, sodass die Wirkung der Mitleid erregenden Botschaften im Zeitverlauf nachlässt. 1804 Das bedeutet, dass die Spender gegenüber solchen Kommunikati- onsbotschaften langfristig abstumpfen. 1805 Deswegen erscheinen solch rein emoti- onale Kommunikationsinhalte insbesondere nach der Anfangsphase der Spender- NPO-Beziehung wenig sinnvoll. 1806 Konfrontiert die NPO den Spender trotzdem weiterhin nur mit negativen Botschaften, so gibt es für ihn keine positiven Effekte, z. B. Erfolgserlebnisse, um sein Engagement auch in Zukunft aufrechtzuerhal- ten. 1807 Aus diesem Grund stellen die folgenden Kapitel die Kommunikationsin- halte Dank, Rechenschaft und Transparenz sowie Erfolgsmeldungen dar, welche 1798 Vgl. Jessen (1998), S. 136. 1799 Vgl. Giesler (1994), S. 165. 1800 Vgl. o. V. (2007), o. S.; Schlegelmilch (1995), Sp. 2330. 1801 Vgl. Sargeant (2002), S. 167. 1802 Vgl. Sargeant (1999), S. 220. 1803 Vgl. Keller (2008), S. 40 f., 155; Steiner (2008), S. 54; Keil (2005), o. S.; West/Sargeant (2004), S. 1028; Burnett (2002), S. 38; Sargeant (2002), S. 166; Oberhansberg (2001), S. 41. Auch im 4. Fokusgruppeninterview (vgl. Anhang 8) zeigte sich eine generelle Ablehnung von „Mitleid erhaschenden” Botschaften; insbesondere vor Weihnachten. Sargeant (1999), S. 220 äußert sich folgendermaßen zu diesem Sachver- halt: „Pictures, for example, of an overtly handicapped child, have been shown to actually decrease the response to giving solicitations.“ 1804 Vgl. Sargeant (2009), S. 236 f. 1805 Vgl. Wilke (2008 a), S. 7. 1806 Vgl. Sargeant/West/Ford (2001), S. 423; Dickertmann (1995), S. 10. Polonsky/Sargeant (2007), S. 470 f. berichten, dass von ihnen interviewte Spender einer NPO, welche regelmäßig Mitleid erregende Botschaften kommuniziert, aufgrund der an- tizipierten depressiven Botschaften nicht mehr bereit waren, Briefe und Informationsma- terial zu lesen. Bendapudi/Singh/Bendapudi (1996), S. 40 führen an, dass solche Mit- leid erregenden Bilder zu schlechter Laune beim Spender führen. Weiterhin argumentie- ren sie: „When the charity uses too strong an appeal for help (e.g., combining a verbal appeal with a needy picture), it may be seen as manipulative or threatening to the poten- tial donor’s freedom not to help. This may cause strong reactance.” 1807 Vgl. CMS (1999 b), S. 36; Tapp (1995), S. 339.

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