Doktorarbeit von Prof. Dr. Julia Naskrent

6.2 Stimuli-spezifische Maßnahmen und ihre Auswirkungen 299 Aktivierung des Spenders hervorrufen können. 1792 Aufwühlende Kommunikati- onsbotschaften vermögen es, einen persönlichen Bezug zum Thema und eine Sympathie für den Leistungsempfänger beim Spender hervorzurufen. 1793 Durch das Mitleid entsteht eine persönliche Betroffenheit beim Spender. Diese Verbin- dung zwischen dem Leben des Spenders und den kommunizierten Missständen fördert das Involvement für die das Elend lindernde NPO. 1794 Dieser Sachverhalt gewinnt vor allem vor dem Hintergrund der Tatsache an Bedeutung, dass – wie eine Studie belegte – 89 % der Befragten (nur) dann spenden, wenn sie etwas be- troffen macht. 1795 Auch wenn Emotionen im Fundraising stellenweise auf Ableh- nung stoßen, stellt dieses Studienergebnis ein Argument für den Einsatz von Mit- leid erregenden Botschaften (zumindest für den Beziehungsaufbau) dar. Darüber hinaus fördern Mitleid erregende Botschaften das (normative) Commit- ment des Spenders. Solche Kommunikationsinhalte appellieren an das Verantwor- tungsgefühl und Pflichtbewusstsein des Spenders. Sie rufen Gewissensbisse und Schuldgefühle hervor und steigern die Spendenbereitschaft. Bezüglich des praktischen Einsatzes von Mitleid erregenden Botschaften sollte darauf hingewiesen werden, dass eine feine Grenze zwischen emotional bewegen- den Kommunikationsinhalten und solchen, die zu stark an die Barmherzigkeit ap- pellieren, existiert. 1796 NPOs sollten die Bilder und Geschichten mit viel Feinge- fühl auswählen, um zwar Empathie, aber keinen Überdruss, Empörung oder Ab- scheu bei den Spendern hervorzurufen. 1797 Trotz einer sorgfältigen Auswahl gehen von Mitleid erregenden Botschaften Ge- fahren aus. Aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet weist diese Art von Kom- munikationsinhalten deutliche Nachteile auf: Sie bestärken ein volatiles Spenden- verhalten, welches vom Grad des vermittelten Leids abhängt. Dies ist aus Sicht der NPO, insbesondere für langfristig orientierte Hilfsprojekte, folgenschwer, denn Spendeneinnahmen lassen sich somit nur noch schwer kalkulieren. Solche Mitleid erregenden Botschaften beinhalten oft die Darstellung der betroffe- nen Leistungsempfänger in hoffnungslosen und deprimierenden Lagen. Dies ent- 1792 Vgl. Steiner (2008), S. 54. 1793 Vgl. Sargeant (2002), S. 166. 1794 Vgl. Bloch/Richins (1983), S. 79; Leavitt/Greenwald/Obermiller (1980), S. 17. 1795 Vgl. Thurow (2009), S. 61. 1796 Auch im 4. Fokusgruppeninterview (vgl. Anhang 8) wurden Mittleid erregende Botschaf- ten als Gratwanderung bezeichnet. 1797 Vgl. Sargeant (2002), S. 175.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjY5