Doktorarbeit von Prof. Dr. Julia Naskrent

44 2 Spenderbindung als Strategie für das Marketing von Nonprofit-Organisationen ses im Vergleich zu den heute üblichen Konsumgüterverhältnissen umgekehrt dar: Eine nahezu unbegrenzte Nachfrage nach Spenden steht einem durchaus begrenz- ten Angebot an Spenden gegenüber. 244 Die Rollenverteilung unterscheidet sich also deutlich von der des kommerziellen Marketing. Diese besondere Austausch- beziehung zwischen Spender und NPO zeigt sich auch dadurch, dass im Gegensatz zum kommerziellen Marketing der Spender die Entscheidung über die Höhe der Spende trifft und nicht die NPO. 245 Aufgrund dieses zweiten konstitutiven Merkmals gestaltet sich die Beziehung zwi- schen Spendern und NPOs somit schwieriger als kommerzielle Austauschbezie- hungen. 246 Ein wesentlicher Unterschied zur Situation im kommerziellen Marke- ting besteht hinsichtlich der Bedeutung, die ein Käufer bzw. ein Spender der Ge- samthöhe und der Struktur der Ausgaben des Unternehmens bzw. der Organisation beimisst. Den Käufer eines Konsumguts interessiert es tendenziell wenig, wie viel Prozent des von ihm gezahlten Kaufpreises das Unternehmen zuvor in Marketing- Maßnahmen investiert hat. Ihm ist mehr oder weniger bewusst, dass kein unmit- telbarer Zusammenhang zwischen dem Marketing-Budget und dem Verkaufspreis besteht. Ganz anders verhält es sich beim Spenden. Hier hat der Spender ein gro- ßes Interesse daran, wie viel Prozent seines gespendeten Geldbetrags letztlich dem eigentlichen Spendenzweck zufließen. 247 Aus diesem Grund greift Kapitel 6.2.1.3 diesen Aspekt im Rahmen der Managementimplikationen auf. Weiterhin gestaltet sich die Beziehung zwischen Spender und NPO als schwierig, da Ersterer im Gegensatz zum kommerziellen Kunden, welcher z. B. durch Ver- träge oder generell bei der Erstellung von Dienstleistungen die Möglichkeit zur Mitsprache hat, als Ausdruck seiner Ablehnung der Tätigkeiten der NPO lediglich die Einstellung der Spendentätigkeit bleibt. 248 Deswegen stellt die Spenderbindung aus Sicht der NPO eine große Herausforderung dar. Der Austauschprozess zwischen Spender und NPO entfällt dennoch nicht voll- kommen. Nur bei einer oberflächlichen Betrachtung erbringt der Spender seine 244 Vgl. Urselmann (2008), S. 86; Kapp-Barutzki (2006), S. 6; Oberhansberg (2001), S. 11. 245 Vgl. Schlegelmilch (1995), Sp. 2330. Dies ist auch ein Grund, warum der Marketing- Teilbereich „Preispolitik“ im Rahmen der Management-Implikationen nicht behandelt wird; vgl. Kapitel 6.1.1. 246 Vgl. Polonsky/Sargeant (2007), S. 461; Oberhansberg (2001), S. 11. 247 Vgl. Jessen (1998), S. 143. 248 Vgl. Urselmann (1998), S. 73.

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